21. August bis 6. September 2017:

Ankommen und Loslassen

“Wo Glückswege neben Naturschätzen liegen und Gipfelwelten in einen Schlosspark übergehen – da ist das Paradies für Wanderer, da ist das Allgäu.”

Unseren diesjährigen Urlaub verbringen wir in Gunzesried, einem Ort im Naturpark Nagelfluhkette. Der Naturpark ist grenzübergreifend  zwischen Deutschland und Österreich in der Nagelfluhkette der Allgäuer Alpen, zwischen dem deutschen Allgäu und dem Land Vorarlberg. Das Gebiet des Parks weist auf engstem Raum einen Höhenunterschied von 1400 m auf. Dies ist einer der Gründe, warum die Landschaft so abwechslungsreich ist.

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Das Allgäu lernen wir beide zum ersten Mal kennen, von hier aus wollen wir die Gegend zu Fuß oder per Rad erkunden. Wir wohnen beim Ehepaar Maria und Florian Beck, beides ehemalige deutsche Skirennläufer und überaus nette Gastgeber. Ihre Ferienwohnung ist wunderbar komfortabel, Erholung vom ersten Tag garantiert.

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Eben noch auf der Wiese und schon kosten wir den fertigen Käse, gekauft in einer waschechten SENNEREI. Mit Rotwein im Gepäck freuen wir uns auf einen schönen Abend auf unserer Terrasse.

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 Seen – Radtour

Die Räder sind gesattelt, das Wetter hat gute Laune und wir sind bestens vorbereitet. Als erstes geht es Richtung Sonthofen, immer an der Iller entlang und unser Ziel ist der Große Alpsee.

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Nach den ersten Metern hält Thomas bereits seine Füße ins Wasser, denn bekanntlich soll Kneipen ja gesund sein. Ich schau aus der Ferne ein paar Kanusportlern zu, die ebenso das gute Wetter für ihren Sport nutzen.

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Auf dem Weg zum größten Natursee im Allgäu halten wir in Immenstadt, der ältesten Stadt im Oberallgäu. Wir haben Hunger und lassen uns ein kühles Radler schmecken.

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Über einer Apotheke für die Lateinliebhaber zu sehen und heißt übersetzt: DER GEIST BEWEGT DIE MATERIE

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Am Großen Alpsee kehren wir um und genießen auf dem Rückweg Sonne, Luft und Landschaft. Knapp 40 km sind wir unterwegs, für Thomas eh kein Problem und mit meinem E-Bike ist jede Entfernung noch eine Teststrecke.

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Ehrlich, ich habe nicht gewusst, dass ich mit dem E-Bike Thomas am Berg mit 20 km/h überholen kann. Aber es hat auch sein Gutes, so ein Foto haben wir jedenfalls noch nicht im Kasten, ging nur, weil ich so schnell war.

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Heute leben wir ganz nach unseren Bedürfnissen. Thomas radelt die Gegend bzw. die Berge ab und ich kümmere mich um ein vergessenes Buch, die Terrasse ist mein.


Von der Terrasse aus kann man das Tal wunderbar überblicken und vielleicht habt ihr Thomas auch schon gesehen?


Themenweg Alpvielfalt

Heute starten wir schon morgens um 8 Uhr zu unserer ersten Wanderung im Allgäu. Nur der frühe Vogel…

Unser Ziel sind die Alpe Oberberg (1305 m) und der Bärenkopf (1479 m).  Wir nutzen einen Rundweg, der sich über 9 km hinstreckt, mal hoch und leider auch runter.


Wir kommen an rauschenden Gewässern, Blumenwiesen und bimmelnden Kühen vorbei. Für den Ausblick hat sich, wie in jedem Prospekt bereits angekündigt, die Mühe gelohnt.


Nach einer Brotzeit erreichen wir den Bärenkopf und ich bin für meinen Teil stolz wie Oskar, denn meine Kondition habe ich wohl zu Hause vergessen.


Heut geht’s weida

Nach einer gestrigen Pause (ich war fußtot, wirklich) starten wir mit einer neuen Radtour von Sonthofen bis zum Niedersonthofener See und zurück. Mit der Sonne im Nacken führt die Strecke vorbei an vielen kleinen Orten mit lebendiger Landwirtschaft, die uns jeden Tag in der Nase sitzt.


Zwischendurch ist dann auch mal Sackgasse, auf der Bundesstraße ist Radfahren verboten und auch unsere vermeintlichen Schleichwege führen nicht weiter. Vor uns liegen Wasser und Bundesstraße, also doch umkehren und nicht verzagen.


Wir schaffen 55 km, gönnen uns in Immenstadt eine Brotzeit und kommen glücklich dahoam wieder an.

Einmal kurz Luft geholt, schon plant Thomas die nächste Tour. Was habe ich mir da nur eingebrockt, werde wohl doch noch zum Naturjunkie.


Ostertaler Tobelweg


Thomas schlägt für heute eine “einfache” Tour vor, ich probiere meine neuen Wanderschuhe aus und neugierig machen wir uns auf den Weg am Ostertalbach. Im Schatten der Bäume wandern wir stets am Ufer entlang und genießen dabei das Rauschen des Wassers.


Die Nagelfluhkette wird im Norden und Süden von niedrigeren Bergkämmen flankiert und bietet dadurch eine hervorragende Aussicht in fast alle Richtungen. Wir jedoch laufen heute im Tal und bewundern zahlreiche Wasserfälle, sind nicht ganz allein, sehen Familien auf ihrem Sonntagsausflug und Sportler beim CANYONING – echt verrückt.


Nach einer Pause im Gasthof Buhl’s Alpe (1004 m) treten wir den Rückweg an, gönnen uns zum Abschluss das Kneipen im Bach und in Gunzesried ein selbst gemachtes Eis der Sennerei.


Was machen die denn da im Wasser???

Füssen und Schloss Neuschwanstein

Das heutige Ziel ist Schloss Neuschwanstein und wir starten unsere Tour in Agathazell mit der katholischen Kirche St. Agatha, die als eines der ältesten Gotteshäuser (Urzelle) im Allgäu bekannt ist. An ihrem Platz soll schon im 9. Jhd. eine Kirche von Missionsmönchen gebaut worden sein.

Nach knapp 50 km erreichen wir Füssen, die höchstgelegene Stadt Bayerns. Sie liegt zwischen den Ammergauer und Allgäuer Alpen und durch die Stadt fließt der Lech. Die Farbe des Lechs spiegelt sich in einem hiesigen Likör wieder, der als Souvenir erhältlich ist. “Wo sich die Romantische Straße, die Deutsche Alpenstraße und die Via Claudia Augusta treffen, da liegt Füssen im Allgäu.”


Mich faszinieren immer wieder die so genannten Nasenschilder an Gebäuden, die auf Gaststätten, Geschäfte oder Zünfte hinweisen. Sie sind rechtwinklig oberhalb an der Hauswand befestigt und ragen wie eine Nase aus dem Gesicht. Es gibt sie seit dem Mittelalter und die meisten sind mit hohem kunsthandwerklichem Aufwand geschmiedet.


Nach einer kleinen Mittagspause im Herzen der Stadt machen wir einen Abstecher zum Füssener Outletcenter (FOC). Hier kannst du zahlreiche Sport- und Outdoorklamotten kaufen, alles, was das Herz begehrt. Doch am Ende vergeht mir vor lauter Überfluss die Lust am Kaufen,  ich bin völlig überflutet und Menschenmengen machen auch hier keinen Spaß. Aber genauso geht es weiter. Wo halten sich die meisten Japaner auf? Für einen Blick auf Neuschwanstein denken wir uns die Massen weg und nehmen den letzten Bus zum Schloss hoch.

Von der Marienbrücke bestaunen auch wir das Meisterstück von König Ludwig II., der leider noch vor der Fertigstellung starb. Dass die thüringische Wartburg einst als Vorbild diente, war mir neu. 1,5 Millionen Touristen besuchen jährlich das so oft bezeichnete Märchenschloss, welches zu den berühmtesten Sehenswürdigkeiten Deutschlands zählt.

Unterhalb von Neuschwanstein haben wir einen prachtvollen Blick auf das Schloss Hohenschwangau, das auf einer Anhöhe zwischen Alp- und Schwansee erbaut wurde. Im Schloss wurde 2011 das Museum der bayrischen Könige eröffnet.

Nun machen wir uns wieder auf den Weg in unser Quartier und genießen den warmen Sommerabend bei einem Glasl Rotwein auf der Terrasse.

Runter komm’ se immer

In einem leichten Anflug von Wahnsinn habe ich mich zum Gleitschirmfliegen angemeldet und morgen starten wir um 8.30 Uhr in Bolsterlang.

Das Team VOGELFREI hat mich gut vorbereitet und nun heißt es, hoffentlich durchschlafen und Daumen drücken für tolles Wetter 🙂


Aufgeschoben ist nicht aufgehoben

Das Wetter schlägt um, wir fahren mit der Hörnerbahn auf das Bolsterlanger Horn (1586 m), meine Pilotin Bella ist skeptisch und oben wird bestätig, dass heute nicht das richtige Flugwetter ist. Ich genieße die Aussicht und anschließend geht es wieder abwärts. An der Landewiese wartet Thomas, der ein paar waghalsige Flieger fotografiert hat.


Dauerregen ist kein Problem

An diesem Tag touren wir nach Kempten, der angeblich ältesten Stadt Deutschlands. Römisch lautet Kempten “Cambodunum”, sie wird 18 n. Chr. vom griechischen Geographen Strabon genannt. Damit ist sie die älteste schriftlich erwähnte deutsche Stadt.

Wir haben uns eine Audioführung als kostenlose App für eine kleinen Stadtrundgang geladen und durchstreifen die kleinen Gassen, sehen das Rathaus, hören von Karl dem Großen und seiner Ehefrau Hildegard, besuchen die Basilika St. Lorenz, machen eine Pause am Hildegardplatz, nehmen eine Führung in der Residenz mit und gehen in eine Kinovorstellung.

Am Rathausplatz sollen die beiden Figuren “Rosa und Grünmann” von Josef Lang die traditionellen Werte wie Familie und Partnerschaft in den Vordergrund rücken.

Wie die Figur “Der Ahnenträger” die skulpturale Thematik alter Heiligenfiguren auffangen soll, ist mir irgendwie zu hoch und trotzdem danke ich dem Kulturamt Kempten für die nützlichen Informationen per E-Mail über die Bedeutung der Kunstwerke.

Die Basilika St. Lorenz erhielt 1969 von Papst Paul VI. den Titel “Basilica minor”. Der Titel wird nur für besondere Kirchen (insgesamt ca. 1500 weltweit) verliehen. Sie ist eine der ersten großen Kirchbauten nach dem dreißigjährigen Krieg, die Ausstattung wurde erstmals in den Formen des italienischen Barocks vorgenommen. Eine Besonderheit war die damalige Teilung in Stifts- und Pfarrkirche. Nach einer Mittagspause starten wir zu den Prunkräumen in der benachbarten fürstäbtlichen Residenz.

Den Eingang des früheren Benediktinerklosters (heute ist das Landgericht hier zu Hause) finden wir erst beim zweiten Umrunden und erwischen zufällig den Beginn einer für uns nicht geplanten Führung. Mit dem Bau der Basilika entstand nebenan gleichzeitig eine barocke Klosteranlage. Wir sehen Fürstensaal, Hofkanzlei, Schlafzimmer, Arbeitszimmer, Audienzzimmer,  Vorzimmer und Thronsaal.

Und habt ihr auch schon gesehen, dass der Fuß von der Decke hängt? Hierbei handelt es sich um eine besondere Art der Stuckarbeit, 3D-Technik lässt grüßen 🙂

Bevor wir die Stadt verlassen, nutzen wir das schlechte Wetter für einen Kinobesuch im Colosseum und sehen “Tulpenfieber”, ein Film über Holland im 17. Jhd., wo Handel und Verkauf von Tulpen ihre Hochzeiten erleben.

Oberstaufen und die Hochgratbahn


Das schlechte Wetter nutzen wir weiter zum Erkunden der Umgebung und in Oberstaufen soll die Sicht vom Hochgrat (1833 m) atemberaubend sein. Heute klappt es zwar nicht mit der Sicht, aber wir suchen schon mal die Hochgratbahn und durchstöbern den Ort. Dabei besichtigen wir die katholische Kirche St. Peter und Paul, Kirchendecke und Altar sind besonders interessant.


Ein Tag vogelfrei – über den Wolken ist die Freiheit wirklich grenzenlos

Das Wetter spielt endlich mit, der Wind ist mit mir und der dritte Versuch geht auf, aber nicht von der Hörnerbahn in Bolsterlang, sondern von der Bergstation Höfatsblick (1932 m) am Gipfel des Nebelhorns. In Oberstdorf geht es hoch mit der Nebelhornbahn und mein Tandempilot Manuel macht mir Mut. Von oben sieht die Sache nämlich ganz anders aus, aber es bleibt keine große Zeit für einen Rückzieher.

Manuel zählt rückwärts und ich laufe los. Beim Thermik-Tandemflug steigen wir wie ein Adler im Aufwind über die Gipfel und uns liegt die Welt zu Füßen. Wir gleiten an schroffen Felsformationen vorbei, auf den Gipfeln liegt bereits Schnee und die Luft ist ganz klar. Das Erlebnis war berauschend und bleibt unvergessen.

Unsere letzte Radtour genießen wir besonders

Die Regenpause lässt uns zum Abschluss noch einmal die Pedalen bewegen und in Obermaiselstein haben wir einen wunderbaren Blick ins Tal. Wir fahren weiter nach Oberstdorf und nutzen den Iller-Radweg für die Rückfahrt.

Wir lernen den Illerursprung kennen und kommen an einem rätselhaften Naturschauspiel vorbei. Auf dem unteren Bild erkennt man einen Schriftzug im Wald, der dem Wort “Sieg” ähnelt. Es ist umstritten, ob die entsprechende Rodung in der Nazizeit vorgenommen wurde.

Nun sagen wir Pfiati und Servus

Die Zeit verging wie immer zu schnell, wir haben das Allgäu in unser Herz geschlossen und kommen auf jeden Fall wieder.

20 thoughts on “Wir touren im Allgäu

  1. Danke für diesen wunderbaren Bericht aus einer so schönen Gegend Deutschlands. In Kempten haben wir Norddeutschen ein befreundetes Ehepaar: daher waren wir schon sehr oft dort und uns wurde auch das liebliche Land gezeigt. Danke auch, dass ich durch den Bericht dich und Thomas wieder sehen konnte! macht beide weiter so!

    1. Danke Sohni und so mutig bist du allemal. Dir verdanke ich, dass ich mich immer noch jung fühle und manchmal verrückte Dinge anstelle.❤️

  2. …was für tolle Bilder! Ich freue mich, dass ich an Eurem Urlaub teilhaben kann und auch noch Wissenswertes dabei erfahre. Woher nimmst Du, liebe Simone, nur den Mut für einen Gleitschirmsprung? Ob da wohl heute jemand am Wetter gedreht hat ….? Ich wünsche Euch noch tolle Tage und ……….. ich würde Dein Buch kaufen.

    1. Danke Caroli und ich werde dir eine Extraausgabe meines Buches schenken 🙂 Der Gleitschirmsprung stand schon länger auf meiner Agenda, sollte ich aber noch vor dem Erreichen des Rentenalters schaffen.

    1. Die Leichtigkeit des Seins ist manchmal recht schwierig zu finden, aber mit dieser Umgebung kann man gar nicht anders.

  3. Ich war gerade über das Fernsehen auf der Alpenstraße im Allgäu und bin in Gedanken immer wieder bei Euch. Ich wünsche Euch viele schöne Erlebnisse, nach Möglichkeit weiterhin bei gutem Wetter, obgleich auch Nebel zum Allgäu gehört.

    1. Danke Hubert, das Wetter ist wirklich traumhaft und unser kleines Örtchen ganz still und ursprünglich. Du wirst weiterhin von uns lesen und wir nutzen deine Hinweise.

    1. Danke Kandal für das Kompliment, aber wer würde ein Buch von mir kaufen? 🙂 Trotzdem denke ich gern darüber noch einmal nach.

    1. Habe vorhin das E-Bike eingeweiht und war bei den Höhenunterschieden etwas ängstlich und wackelig.

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