22. Mai bis 30. Mai 2018:

Morgen ist es soweit, die Spannung steigt. Das Packen für 6 Wochen Amerika ist eine Herausforderung, und minimalistisch zu reisen, gelingt mir nicht ganz. Trotzdem bleiben unsere Koffer unter dem Maximalgewicht und das ist doch ein guter Anfang. Unsere Unterkünfte und die Zugreise für 9 Tage Alaska sind über den Reiseveranstalter „Explorer“ organisiert. Wir starten in Anchorage mit der Alaska Railroad Richtung Fairbanks. Alaska auf Schienen mit der Panoramabahn kennenzulernen, fernab von allen Straßen, ist etwas besonderes. Wir sind gespannt auf Gletscher, Berge, Wildnis und Tierwelt.

Unser Condor-Flug verläuft reibungslos, wir haben eine nette Crew und die Aussicht ist atemberaubend. Vom Flugzeug aus sehen wir Norwegens Fjorde, Island, Grönlands Tundra, Kanadas Treibeis und Gletscherzungen. Über Alaska haben wir freie Sicht auf den Denali. Er ist mit seinen 6190 Metern der höchste Berg Nordamerikas.

Kurz vor der Landung verwandelt sich die Vegetation innerhalb von Sekunden und gibt uns einen kleinen Vorgeschmack auf die folgenden Tage.

Wir verlassen Frankfurt am 22. Mai um 14.30 Uhr und landen nach knapp 10 Stunden Flug in Anchorage am 22. Mai um 14.30 Uhr. So fühlt es sich also an, wenn die Zeit stehen bleibt. Wir werden vom Flughafenpersonal nett empfangen und erreichen unser erstes Hotel. Unabhängig von Zeitverschiebung und fehlender Dunkelheit fallen wir todmüde in unsere bequemen Betten.

Anchorage – Seward

Zu unserer Tour mit der Alaskabahn brechen wir schon morgens um 5.45 Uhr auf, um rechtzeitig unser Gepäck aufzugeben und unsere Fahrkarten in Empfang zu nehmen. Wir bekommen unsere Plätze in einem Panoramaabteil (mit Glaskuppel) zugewiesen. Als einzige deutsche Fahrgäste sind wir von Amerikanern, Schotten und Engländern umgeben. Beim Frühstück im Zug lernen wir ein Paar aus dem Süden Londons kennen.

Wir werden in den nächsten Tagen von Seward im Süden bis Fairbanks im Norden eine Gesamtstrecke von 750 km zurücklegen. 1923 wurde die Strecke eröffnet. Nur ein Drittel Alaskas ist mit dem Auto erreichbar, so kann man bei einer Zugfahrt mehr als bei einer Fahrt über den Highway sehen. Als erstes passieren wir die Wattflächen am Knick Arm und Turnagain Arm, Wasserwege, die in den nordöstlichen Teil des Golfs von Alaska führen. Dahinter präsentieren sich die Kenai Mountains.

Wir haben Glück und bekommen einen Schwarzbären zu Gesicht, und ein gemeinsames lautes WOW lässt alle ganz schnell zur Kamera greifen. In der jetzigen Jahreszeit sind die Bären damit beschäftigt, sich den Bauch mit Lachs und Strauchbeeren vollzuschlagen.

Die Natur fasziniert und wir sind wirklich dabei. Manchmal müssen wir uns kneifen und staunen, dass wir das Glück haben, gerade an diesem Fleck der Erde zu sein. Gletscher sind greifbar nah und wir nutzen die Gelegenheit, während der Fahrt unter freiem Himmel zu fotografieren.

Spiegelungen beim Fotografieren sind immer besonders. Diese dann noch während der Fahrt zu entdecken und am Kenai Lake einzufangen, begeistern mich umso mehr.

Unsere erste Station heißt Seward, eine kleine Hafenstadt mit 3000 Einwohnern. Unser Hotel liegt direkt im Hafen am Golf von Alaska und hat einen jugendlichen Charakter. Im Sommer befinden sich hier mehr Touristen als Einwohner.

Seward wurde 1903 von Siedlern gegründet, um eine Eisenbahnlinie Richtung Norden zu planen. Der eisfreie Hafen wurde zur wichtigsten Station auf der Kenai-Halbinsel.

Seward – Anchorage

Mit Major Marine Tours unternehmen wir eine 6-stündige Katamarantour in den Kenai Fjords National Park. Vorher frühstücken wir noch gemütlich im Hotel. Ich probiere heute mal die Instanthaferflocken, denn jeden Morgen Pancakes, Rührei und Weißbrot schlagen sich in Sekunden auf die Hüften.

Während der Hafenausfahrt grüßen uns zwei süße Seeotter und wir ahnen noch nicht, dass sich das nächste Highlight keine halbe Stunde von uns entfernt im Wasser bewegt.

Eine ganze Familie von Orcas kreuzen unseren Weg und die Crew an Bord gibt uns die Gelegenheit für außergewöhnliche Bilder. Alle Fotografen schauen gespannt auf’s Wasser und jeder möchte als erstes entdecken, wo sie wieder auftauchen.

Die Wahlbeobachtung hat uns Zeit und Kurs gekostet. Der Kapitän tritt aufs Gaspedal und die raue See gibt ihr Übriges. Unser Blick liegt fest an der Wasseroberfläche und wir bewegen uns im Takt mit dem Boot, hoch und runter, immer wieder. Die nette Besatzung verteilt zahlreich Tüten, denn nicht alle Gäste können sich dem Übel widersetzen.

Das Durchhalten lohnt sich und wir bestaunen den 1,5 km breiten Holegate-Gletscher. Es ist ganz ruhig in der Bucht, nur manchmal lösen sich krachend Eismassen. Blankes Eis filtert ein bestimmtes Spektrum des Sonnenlichts so, dass nur noch Blau übrig bleibt und wir können es tatsächlich sehen. Atemberaubend!!!

Durchgefroren mit flauem Magen sind wir trotzdem sehr glücklich und werden die seetüchtige Reise überstehen. Und wäre es nicht der vielen Bilder schon genug, tauchen dicht besetzte Vogelfelsen auf, zu deren Füßen sich Seelöwen breit gemacht haben, ein großartiges Schauspiel.

Etwas seekrank treten wir die Rückfahrt mit der Alaskabahn nach Anchorage wieder an, dort ist die Ankunft gegen 22.15 Uhr geplant. Die Route kennen wir bereits, trotzdem sieht alles anders aus und die Abendsonne belohnt uns auf ihre ganz eigene Art.

Anchorage – Talkeetna

Weiter geht es Richtung Norden und nein, wir bewegen uns nicht auf dem Alaska-Highway, sondern sitzen erneut in unserem tollen Zug. Die Farben erschlagen einen förmlich, das Licht ist fantastisch und unser Körper tankt Vitamin D bis zum Umfallen.

Talkeetna ist unsere dritte Station und wir genießen den Luxus im Hotel “Talkeetna Alaskan Lodge”. Von der Terrasse haben wir einen wunderbaren Blick auf den Denali (höchste Berg Nordamerikas). Während der ganzen Reise ist vom Veranstalter alles bis ins kleinste Detail durchorganisiert. Überall sind unsere Namen vorgemerkt, das Gepäck wird vom Zug in jede Unterkunft und wieder zurück gebracht, wir werden stets pünktlich von A nach B geshuttelt und jeden Tag bekommen wir vom Personal ein breites Lächeln geschenkt. Vor der Reise war ich sehr skeptisch, wie alles funktionieren soll, jede Sorge war umsonst.

Nachmittags sind wir auf dem Wasser und nehmen an einer Tour mit dem Jetboot teil. Pünktlich werden wir am Hotel von Mahay’s Jet Boat Adventures abgeholt und ein zweiter Bus bringt uns zur Anlegestelle.

Wir sind froh, dass wir wenigstens eine unserer beiden Reiseguides verstehen, denn das amerikanische Englisch ist oft sehr undeutlich. Bald ist klar, warum Alice ein anderes Englisch spricht, sie ist Deutsche und lebt seit 25 Jahren in Alaska. Die Unterhaltung mit ihr ist sehr nett und wie so oft spüren wir, dass man durch persönliche Kontakte mehr von einem Land erfährt als in einem Reiseprospekt.

Natur, Geschichte und das Leben in Alaska werden uns näher gebracht. Am Talkeetna River führen einige Alaskaner eine autarke Lebensweise und werden von der Alaskabahn einmal im Monat zum Einkaufen mitgenommen. Niemand weiß, wie lange das eigene Haus dem Fluss standhalten kann, denn nach jedem Winter reißen die Eismassen am Ufer Boden und Bäume mit sich.

Talkeetna – Denali

Die Zugreise dürfen wir zum zweiten Mal im Panoramaabteil (GoldStar genannt) fortsetzen und sehen immer etwas neues von Alaska. Wir genießen den Service und lernen ein Paar aus New Mexico kennen.

Alaska’s Natur ist so facettenreich, womit ich in dieser Form nicht gerechnet habe. Uns wird eine bunte Welt von Süd nach Nord präsentiert, manchmal alle Jahreszeiten auf einmal. Ich sitze selten auf meinem Platz, fotografiere vom offenen Balkon im Zug und lasse mich auf’s neue überraschen.

Hier überqueren wir zwei Flüsse, die sich zu einem vereinen und trotzdem ihre Farbe behalten. Wo hat man das schon gesehen… Das Zugpersonal verfügt über ein umfangreiches Wissen und berichtet stolz über das eigene Land. Der Zugführer signalisiert, wenn unverhofft Tiere auf unserer Strecke auftauchen und gibt die Richtung an: “On the right hand side – or on the left hand side there is…”

Wir übernachten im Hotel “The Denali Bluffs” (auf dem Foto markiert) und starten am nächsten Tag zu einer Tundra Wilderness Tour im Denali-Nationalpark.

Alle Zimmer ähneln sich in ihrer Aufteilung und Ausstattung, somit ist der zahlreiche Wechsel kaum zu spüren. Am Ende ist jedoch die Erinnerung, wo war was, um einiges komplizierter.

Noch lächeln wir über das Schild und bringen die Mücken nicht mit unserem Alaskatrip zusammen. Beim Warten auf unseren Bus wird klar, niedrige Temperaturen beeindrucken die Mücken wenig und wir ergreifen die Flucht.

Jennifer fährt unseren Bus und erzählt ohne Luft zu holen. Sie kann jede Frage beantworten und hat notfalls Bücher dabei, um die richtige Blume namentlich zu finden. Wir sind mit ihr 8 Stunden unterwegs, die wie im Fluge vergehen. Wir entdecken mit ihr an den Berghängen Alaskaschafe (Dall Sheep), Schneehühner (snow chicken) am Wegesrand, Rentiere (Caribu) und Alaskaelche (Moose).

Ein Braunbärjunges tobt mit seiner Mama den Abhang herunter und lässt sich von uns nicht stören. Jenny mahnt uns zum Flüstern, wir sitzen natürlich nach wie vor im Bus.

Ein letzter Zwischenstopp und uns werden die Hörner aufgesetzt. Das Schaufelgeweih beim Alaska-Elch kann besonders groß werden. Wir verlassen den Nationalpark, die Alaskabahn bringt uns weiter nach Fairbanks und damit endet unsere erlebnisreiche Zugreise.

Denali – Fairbanks

Die Neugierde auf unsere vorletzte Unterkunft wächst. Im River’s Edge Resort haben wir ein eigenes Cottage direkt am Chena River. Der Fluss friert im Winter komplett zu und man kann dort Schlittschuh laufen oder an Hundeschlittenrennen teilnehmen. Wir haben milde Temperaturen und Sonnenschein, so macht Reisen Spaß.

Am nächsten Morgen sind wir zu einer Stadtrundfahrt durch Fairbanks angemeldet. Überraschung, unsere Stadtführerin erklärt uns, dass wir die einzigen Teilnehmer sind und sie dadurch auf der Busfahrt besonders viel Zeit für uns hat. Gayle heißt unsere Begleitung, sie ist eine nette ältere Dame und spricht liebevoll über ihren Heimatort. Eigentlich war Fairbanks nur ein Zwischenstopp auf einer Route und wuchs ab dem ersten Goldfund 1902 zur zweitgrößten Stadt Alaskas stark an. 1904 musste ein Richter für Recht und Ordnung im großen Goldrausch sorgen und ließ ein Gefängnis bauen. Die Stadt erhielt ihren Namen nach einem besten Freund des Richters.

Gayle erzählt uns von den sehr kalten Wintern und erklärt, dass alle Wasserrohre beheizt sind, damit sie nicht zufrieren. Wir hören, dass es am 21. Juni 23 Stunden hell und am 21. Dezember 23 Stunden dunkel ist. Am 21. Juni wird 23 Stunden Baseball ohne Beleuchtung gespielt.

Wir bekommen im Besucherzentrum und im Museum gleich neben der Universität weiterhin Informationen zur Stadt und ihren Bewohnern. Die Universität öffnete übrigens 1917 mit 6 Professoren und 6 Studenten, heute zählt die Uni zwischen 4000 und 5000 Studenten. Im Museum sehen wir einen Film zur Aurora borealis (Polarlicht) und ich könnte mir vorstellen, aus diesem Grund Fairbanks einen zweiten Besuch abzustatten. Gayle ermutigt mich und sagt, ich hätte in einer Winterwoche mindest vier Möglichkeiten, das Naturschauspiel garantiert zu sehen.

Nachmittags heißt es erneut Schiff ahoi, diesmal auf dem Chena River. Gayle gibt uns den Hinweis, dass die Plätze auf der linke Seite die besten sind. Neben den vielen hübschen Häusern am Ufer lernen wir etwas zum bekanntesten Fisch Alaskas. Interessant sind der damalige Lachsfang und die Verarbeitung, an Bord dürfen wir natürlich frisch geräucherten Lachs probieren.

Fairbanks – Anchorage

Wir verabschieden uns von Fairbanks mit einem schmackhaften Abendessen im “Pumphouse” und bereiten uns auf den Rückflug nach Anchorage vor. Alaska war atemberaubend, vieles sahen wir zum ersten und vielleicht nicht zum letzten Mal.

Anchorage – Seattle

Der Aufenthalt in Anchorage ist nur kurz, denn morgen starten wir nach Seattle und beginnen unsere Tour mit dem Mietwagen an der Westküste entlang. Trotzdem lassen wir es uns nicht nehmen, abends dem Tipp einer Hotelangestellten nachzugehen und kehren im angesagten “Humpys” ein.

9 thoughts on “Per Bahn durch Alaska

    1. Hallo Danny, das freut uns sehr und Grüße an die ganze Familie. Hoffen, dass wir euch bald wiedersehen.

  1. Morgen abend gibt es eine Reisedoku im Fernsehen “Alaska – mit dem Zug durch die Wildnis”. Das sehe ich mir an und reise gedanklich mit Euch mit. Viele tolle Erlebnisse weiterhin für Euch und Bilder für uns. LG

  2. Liebe Simone, das Packen und alle sonstigen Vorbereitungen für eine solche Reise hätte ich mir auch in der Vergangenheit nicht zugetraut; meine Hochachtung für Euch ist somit umso größer. Ich wünsche Euch viele schöne Erlebnisse und eine gesunde Heimkehr.

    1. Lieber Hubert, nicht nur hier werden wir uns austauschen, ich freue mich auf unser Zusammensein im Oktober in Heidelberg. LG, auch an Andrea

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